Perspektiven für Solo-Selbstständige und Beschäftigte in der Kultur

04.03.2022

24.02.2022

Die Corona-Pandemie hat (Solo-)Selbstständige in NRW in massive Existenznöte gebracht. Der ohnehin schon angeschlagene Kultursektor, in dem viele freischaffend arbeiten, wurde weiter geschwächt. Deshalb fordern Solo-Selbstständige aller Branchen kurzfristig eine Neuregelung der Rückzahlungsmodalitäten für Coronahilfen und mittelfristig eine gleichberechtigte Einbeziehung in Arbeitswelt und soziales Sicherungssystem.

Die Landesregierung sollte wegen der unklaren Antragssituation auf die Rückzahlung der Soforthilfen an Solo-Selbstständige von März bis Mai 2020 verzichten. Die Fristen für die Abrechnung anschließender Unterstützungen (im Wesentlichen aus Bundesmitteln) sollten – wie von Wirtschaftsminister Robert Habeck im Dezember gefordert – verlängert werden, bis die Ampel-Koalition die "konkreten Rückzahlmodalitäten der Corona-Hilfen“ geprüft hat. Wir begrüßen, dass die NRW-Landesregierung die Rückzahlungsfristen inzwischen bis Juni 2023 verlängert hat.

Bereits im November 2020 beschloss der NRW-Landtag, sich für die „Einführung eines flächendeckenden Unternehmerlohns“ einzusetzen, der auch Lebenshaltungskosten abdeckt. Er soll „mindestens 1.000 Euro, wenn möglich in Anlehnung an den nicht pfändbaren Betrag 1.200 Euro“ betragen. Wir fordern, dass analog dieser Forderung eine Art von Einkommensersatzleistung rückwirkend für alle Unterstützungszahlungen seit Beginn der Coronakrise als monatliche Pauschale anrechenbar ist, wenn die Rückzahlung von Hilfsgeldern ansteht. Das würde die stark verunsicherten Selbstständigen entlasten, die Abrechnung erleichtern und gerichtliche Klärungen überflüssig machen.

In Krisenfällen müssen Solo-Selbstständige genauso wie abhängig Beschäftigte einen Einkommensersatz in Höhe von 75 Prozent, berechnet nach dem monatlichen Durchschnittsgewinn des Vorjahres, erhalten. Solange es keine bundeseinheitliche Regelung zur gleichgestellten Einbeziehung von Solo-Selbstständigen in die Arbeitslosenversicherung und damit auch Anspruch auf Kurzarbeitergeld gibt, soll die Landesregierung in Vorleistung treten und Mittel für Lebenshaltungskosten als nicht rückzahlbare Pauschale bereitstellen.

Zudem fordern wir, dass die zukünftige Landesregierung Solo-Selbstständige sowie Start-ups, die ihre Beschäftigten tarifgemäß entlohnen, einen vereinfachten, rechtssicheren Zugang zu öffentlichen Aufträgen ermöglicht, um ihre Benachteiligung gegenüber größeren Unternehmen zu kompensieren.

ver.di fordert bessere Beschäftigungsverhältnisse für Kulturschaffende und -vermittelnde in NRW. Das Land NRW steht hier durch seine Förderstrukturen in der Verantwortung. Die zukünftige Landesregierung muss das neue Kulturgesetzbuch NRW ernst nehmen und ausreichend Mittel bereitstellen, um die selbst gesetzten Ziele zu erreichen – sowohl für Kulturschaffende als auch für die Bürger*innen, die Kultureinrichtungen nutzen. Zugang zu Kultur und kultureller Bildung darf nicht weiter vom Geldbeutel der Kommune oder dem Haushaltseinkommen abhängen. Eine soziale Staffelung der Beiträge und Eintrittsgelder aller Kultureinrichtungen müssen selbstverständlich sein. Die Ausstattung bspw. von (Schul-)Bibliotheken darf nicht von finanzstarken Fördervereinen abhängig sein.

Konkrete Forderungen:

  • Verzicht der Landesregierung auf die Rückzahlung der Soforthilfen an Solo-Selbstständige von März bis Mai 2020 und ...
  • ...bei Rückforderung weiterer Unterstützungsgelder die Anrechnung einer Pauschale für Lebenshaltungskosten i. H. v. 1200 Euro, bis es eine bundeseinheitliche Regelung gibt, die Solo-Selbstständige sozial genauso absichert wie Tarifangestellte.
  • Eine faire Einbeziehung von Solo-Selbstständigen in die Arbeitswelt und sozialen Sicherungssysteme.
  • Um den spezifischen Arbeitsbedingungen Kulturschaffender Rechnung zu tragen, müssen die im Kulturgesetzbuch angelegten Mindesthonorierungen entsprechend ausgestaltet werden, z.B. durch Einbeziehung der Vor- und Nachbereitungszeit oder Überbrückung auftragsfreier Zeiten. Die Honorare müssen sich an den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes orientieren.
  • Die Landesförderung muss ihren Teil dazu beitragen, dass der Kulturbetrieb krisenfester wird. Neben der Förderung über Künstler*innenstipendien sollten Fördermittelnehmer*innen zu einer fairen Regelung z.B. bei pandemiebedingten Absagen oder Umstellungen von Veranstaltungen verpflichtet werden. Hierfür braucht es Absicherungsmechanismen.
  • Die Musikschuloffensive zur Förderung tarifgebundener Beschäftigung an Musikschulen gilt es auszubauen.

 

Die Forderungen der Selbstständigen werden auch vom ver.di Landesbezirk unterstützt: