Wohnen ist ein Grundrecht und die Durchsetzung dieses Grundrechts, d.h. die Versorgung mit menschenwürdigem Wohnraum, ist auch staatliche Aufgabe und kann nicht allein dem Markt überlassen werden. Nur wer diese Erkenntnis akzeptiert, wird Wege aus der aktuellen Wohnungsnot finden. Eine Not, die sich schon seit längerem abzeichnet und die sich durch die Zuwander*innen in den letzten Jahren lediglich weiter verschärft hat. Ohne Wohnung gibt es keinen Arbeitsplatz. Damit ist das „Recht auf Wohnen“ eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren unserer Gesellschaft.
Unser Anspruch ist, dass Jung und Alt, gut und weniger gut Verdienende multikulturell und in Frieden miteinander wohnen und leben können. Wir wollen Integration statt Segregation. Wir wollen eine soziale Stadt, in der sich Menschen an der Gestaltung ihres Quartiers und ihres Lebensumfelds beteiligen. Wir wollen, dass die Beschäftigten in der Wohnungswirtschaft gute und sichere Arbeitsbedingungen haben. Wir wollen, dass Politik aktiv den Wohnungsmarkt gestaltet und ihn nicht den Akteuren der Finanzindustrie überlassen. ver.di organisiert nicht nur die Beschäftigten der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, viele ver.di-Mitglieder sind auch Mieter*innen.
In der aktuellen Debatte um bezahlbaren Wohnraum rächen sich die Versäumnisse auf dem Feld der Wohnungspolitik der letzten 20 Jahre. Der Staat hat viele Jahre auf aktive Wohnungsbaupolitik verzichtet. Bis 2013 wurde kaum in den Neubau von Wohnungen investiert. Gab es einst vier Millionen Sozialwohnungen, sind davon heute nur noch 1,5 Millionen übrig.
Zukünftig sollte vor allem in der Frage nach Wohnraum für alle wieder gelten „bezahlbares Wohnen vor Rendite“. Dazu müssen aber eine Reihe von Weichenstellungen erfolgen, regulierende Eingriffe (in den Markt) sind notwendig, auch in Form eines wirksamen Mietendeckels.
Das fängt beim Verkauf von Grundstücken an und geht bis hin zur Gewinnerwartung, die Kommunen und Länder an ihre Wohnungsunternehmen stellen. Aber auch private Wohnungsunternehmen müssen Beschränkungen erhalten, damit Luxussanierung oder energetische Gebäudesanierungen nicht zur alleinigen Gewinnmaximierung und damit de facto zu unbezahlbaren Mietpreisen genutzt werden können.
Wir fordern unter anderem, dass keine weitere Privatisierung von öffentlichen Wohnungsbeständen stattfindet. Zudem müssen alle Kommunen und Länder finanziell und strukturell so ausgestattet werden, dass sie wieder eine aktive Wohnungspolitik betreiben können. Kommunen, Länder und Bund müssen ausreichend Fördermittel für Wohnungsneubau zur Verfügung stellen. Diese Fördermittel müssen eine eindeutige Zweckbindung für soziale Wohnraumförderung erhalten und sollten den nicht profitorientierten Sektor stärken.
Wir begrüßen es, dass zunehmend Kommunen Sozialwohnungen durch städtebauliche Verträge bei Stadtentwicklungsprojekten per Quote absichern und fordern alle anderen Kommunen auf, bei erhöhtem Wohnungsbedarf dieses Instrument auch einzuführen.
Es muss versucht werden, ehemals privatisiertes Wohneigentum der Kommunen, der Länder und des Bundes zurück zu erwerben, um sie der Profitlogik des Marktes wieder zu entziehen.
Es bedarf der Gründung einer Landesgesellschaft Wohnen die hilft, kommunale Wohnungsgesellschaften zu gründen aber auch selbst Akteur auf dem Wohnungsmarkt sein soll. Kommunale und landeseigene Wohnungsunternehmen sind vielfach in der Pflicht, Gewinne an die Kommune oder das Land abzuführen. Die Gewinne der öffentlichen Wohnungsunternehmen müssen zwingend in die Sanierung des Bestands sowie in Neubau oder Ankauf von Sozialwohnungen verwendet werden, bis der Bedarf an Sozialwohnungen gedeckt und der Investitionsstau beseitigt ist. Zudem bedarf es neben den öffentlichen der Wiedereinführung von gemeinwohlorientierten Wohnungsunternehmen.
Nachhaltige Stadtentwicklungspolitik und soziale Wohnungspolitik sind ohne aktive Bodenpolitik nicht gestaltbar. Deshalb muss das kommunale Vorkaufsrecht von Boden noch erweitert werden, um den Kommunen eine aktive Gestaltung von Wohnraum zu ermöglichen.
Aber auch die Arbeitsbedingungen in der Wohnungswirtschaft sind nicht gerade rosig. In allen Unternehmen der Wohnungswirtschaft kämpfen Beschäftigte mit Arbeitsverdichtung, den Auswirkungen von Digitalisierung und Schwierigkeiten in der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege. Die Belegschaften sind zum Teil überaltert, Fachkräfte werden dringend benötigt, um beispielsweise auch den erhöhten Arbeitsaufwand für den Wohnungsneubau überhaupt stemmen zu können. Tarifflucht lässt sich auch politisch bekämpfen. Die Vergabe von Fördermittel für den Wohnungsbau sollte an die Tarifbindung der Unternehmen sowie das Vorhandensein von Mitbestimmungsstrukturen geknüpft sein.
Insbesondere in öffentlichen Wohnungsunternehmen darf kein Outsourcing stattfinden. Bereits ausgegliederte Bereiche müssen wieder in die öffentlichen Wohnungsunternehmen integriert werden. Gute Arbeit, Tarifbindung und Mitbestimmungsstrukturen müssen auch hier umgesetzt werden.
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