Kapitel 7

Jugend – Perspektiven für junge Menschen schaffen

17.02.2022

Ausbildung stärken

Vor den weiter sinkenden Ausbildungszahlen darf die Politik die Augen nicht verschließen. Ausbildung muss daher neben Tarifbindung ein Kriterium für alle öffentlichen Aufträge in NRW sein. Gleichzeitig muss das Land mit allen nachrangigen Behörden als Vorbild vorangehen und gute Ausbildung ermöglichen. Insbesondere soll die Zahl der Ausbildungsplätze dort erhöht werden, wo in den letzten Jahren Ausbildungsplätze abgebaut wurden.

Konkret bedeutet das:

 

  • Wir brauchen die Ausbildungsgarantie. Betriebe, die nicht ausbilden, sollen in einen Zukunftsfonds zur Finanzierung einzahlen.
  • Öffentliche Aufträge sollen nur an Unternehmen vergeben werden, die ausbilden.
  • Tarifbindung soll für alle Beschäftigten des Landes gelten. Bisher gibt es keinen geltenden Tarifvertrag für Studentische Hilfskräfte: Dieser Zustand ist untragbar. Ein TVStud muss höhere Löhne, Mindestvertragslaufzeiten und Mindeststundenzahlen enthalten.
  • Das Land NRW soll eine Teilzeitausbildung mit voller Vergütung anbieten und dies im Ausbildungsmarkt fordern und ggf. finanziell unterstützen. Eine Teilzeitausbildung ist möglich, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt (z.B. Betreuung eines Kindes, Pflege von Angehörigen). Die Teilzeitausbildung soll einer besonderen Lebenssituation gerecht werden, gerade hierbei ist eine volle Ausbildungsvergütung für die Betroffenen sinnvoll.

 

  • Transformation und Industriepolitik im Sinne junger Arbeitnehmer*innen:

    Der Umbau unserer Energieversorgung und Mobilität stellt viele Regionen in NRW vor große Herausforderungen. Die Politik muss dort besonders hinschauen, wo durch das baldige Ende der Kohleverstromung oder den Wandel in der Automobil-Branche schon jetzt Ausbildungs- und Arbeitsplätze wegbrechen. Wir fordern die Umstellung der globalen Wachstumsökonomie hin zu einer Kreislaufwirtschaft mit nachhaltigen Produktionswegen, Arbeitsabläufen und Lieferketten mit gesetzlichen Mindeststandards.

     

  • Bezahlbares Wohnen für junge Menschen ermöglichen:

    Der letzte NRW-Ausbildungsreport hat gezeigt: ¾ der Azubis in NRW wollen gerne in einer eigenen Wohnung oder in einer WG leben. Nur ¼ können das bisher. Gemeinsame Bildungswohnheime können eine Möglichkeit sein, Auszubildenden den Start in ein selbstständiges Leben zu ermöglichen, und darüber hinaus eine Form des Zusammenlebens bieten. Dass Wohnheime bisher fast ausschließlich Studierenden zur Verfügung stehen, spiegelt den immer wieder von Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft verkündeten Stellenwert der dualen Ausbildung nicht wider. Deswegen fordern wir:

    • Bezahlbare Azubi-Apartments und Studierendenwohnheime in allen Städten und Kreisen müssen bei der Politik auf die Prioritätenliste
    • Stärkt den sozialen Wohnungsbau! Eine verpflichtende dauerhafte Sozialbindung von 30 % bei allen Vorhaben im Wohnungsneubau ist das Mindeste.
    • Das Land NRW soll Auszubildendenwerke (analog zu Studierendenwerken) gründen, die Azubis bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Die Finanzierung soll durch das Land und Beiträge der Arbeitgeber sichergestellt werden.

     

  • Gleiche Chancen in der Ausbildung:

    Wir fordern einen gerechten Zugang zu allen Bildungswegen für alle. 2022 müsste es selbstverständlich sein, dass Arbeiter*innenkinder der Weg bis zur Universität offensteht. Die Zeit des Lockdowns mit Fernunterricht hat die eklatanten Mängel unseres Bildungssystems erneut aufgezeigt; die Schere im Bildungssystem ist weiter geöffnet als vor der Corona-Pandemie. Wir fordern eine gesetzliche Ausbildungsgarantie auf der Basis einer fairen Umlagefinanzierung. Wir fordern eine Ausbildung 4.0 an allen Lernorten: Digitalisierungs- und Finanzierungsoffensive für Berufsschulen und Modernisierungsschub für die duale Ausbildung.

    • Ausbildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Das heißt: Die Ausbildungsbetriebe müssen ihre Auszubildenden mit allen notwendigen digitalen und analogen Lernmitteln ausstatten. Schulen brauchen moderne Lehr- und Lernmittel und genügend Lehrkräfte mit ausreichend Zeit für Weiterbildung.
    • Für eine echte Vertretung der Auszubildenden in Berufskollegs brauchen wir ein Zugangsrecht für Gewerkschaften, was ausdrücklich auch Unterrichtsbesuche im Rahmen der Berufsschultour miteinschließt.
    • Die Lehrpläne sind oft zu einseitig: Gleichstellung, Antifaschismus, Antidiskriminierung,
      aber auch Mitbestimmung und Gewerkschaften sind bisher kaum Teil der Lehrpläne und müssen stärker verankert werden. Das Unterrichtsfach Sozialwissenschaft muss wiedereingeführt werden.
    • In Anlehnung an das Studierendenticket fordern wir für alle Azubis ein landesweites, kostenloses ÖPNV Ticket.

     

  • Studium demokratisch & mitbestimmt:

    Wir Gewerkschaften sind Vertretung von Studierenden und Beschäftigten an Hochschulen. An vielen Hochschulen haben Gewerkschaften nicht die Möglichkeit, Informationsstände und Veranstaltungen durchzuführen. Wir fordern ein gesetzlich garantiertes Zugangsrecht für Gewerkschaften an allen Universitäten und Hochschulen.

    • Wir brauchen eine vollwertige Personalvertretung für studentische Beschäftigte an den Hochschulen.
    • Das Hochschulgesetz der schwarz-gelben Landesregierung war ein konservatives Rollback. Ein zeitgemäßes und demokratisches Hochschulgesetz sollte Mitbestimmung stärken, die Zivilklausel festsetzen und ein freies Studium ohne Anwesenheitspflichten ermöglichen.
    • Forschung und Lehre sind ein öffentliches Gut und müssen dem Allgemeinwohl dienen. Hochschulen dürfen nicht auf interessengeleitete Drittmittelforschung angewiesen und davon abhängig sein.